Welt-Hepatitis-Tag: Hepatitis B und C bis 2030 eliminieren
Unter dem Motto „Hep can’t wait“ (Hepatitis kann nicht warten) suchen Experten nach unentdeckten Infektionen / Hohe Dunkelziffer / Klinikum St. Georg beantwortet per Video wichtigste Fragen
Fünf Prozent der Weltbevölkerung sind mit einem Hepatitis-Virus infiziert. Was im ersten Moment wenig erscheint, betrifft konkret ca. 325 Millionen Menschen weltweit. Die chronische Entzündung verursacht über Jahre hinweg Schäden an der Leber. Oftmals bleibt die Entzündung unerkannt, da die Symptome nicht eindeutig sind und die Leber selbst kein Schmerzempfinden hat. Allein die chronische Hepatitis B und C betreffen weltweit schätzungsweise 325 Millionen Menschen – von denen gerade einmal 25 Millionen diagnostiziert sind. Die restlichen Betroffenen ahnen nichts von der Krankheit. Um das WHO Ziel der Elimination der Hepatitis B und C Infektionen bis 2030 zu erreichen, müssen Präventions-, Kontroll- und Behandlungsprogramme weiter ausgebaut werden, bevor es zu irreparablen Leberschäden und lebensgefährlichem Leberversagen kommt. Konkret bedeutet das: 90% der Kinder müssen zur Geburt eine Hepatitis B Impfdosis erhalten, 100% der Blutspenden müssen getestet sein und 90% der Menschen Zugang zu sicheren intravenösen Injektionen haben. 90% der Infizierten müssen um ihre Infektion wissen und 80% der geeigneten Personen müssen behandelt werden, um dieses Ziel zu erreichen.
Corona hat Auswirkungen auf den Kampf gegen Hepatitis
Die Ursachen einer Hepatitis sind vielfältig: Im Fokus stehen am Welt-Hepatitis-Tag die infektiösen Lebererkrankungen, die Hepatitis A, B, C, D oder E Viren. Es gibt jedoch auch nicht-virale Leberentzündungen, die durch Medikamente, Giftstoffe, Alkohol (alkoholische Fettleber), Übergewicht (nicht alkoholische Fettleber) oder durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems (Autoimmunhepatitis) hervorgerufen werden können. „Mit Besorgnis beobachten unsere Experten, dass die fortbestehende Corona-Pandemie die Bemühungen des Kampfes gegen Hepatitis in vielen Ländern zurückgeworfen hat.“, erklärt Dr. Iris Minde, Geschäftsführerin des Klinikums St. Georg. „Unsere Aufgabe als Klinikum mit Schwerpunkt auf Infektionskrankheiten ist die optimale interdisziplinäre Versorgung und Behandlung der infizierten Patienten. Aber auch präventive Maßnahmen müssen eingeleitet werden, um Neuinfektionen zu verhindern und die Menschen für das Thema Hepatitis zu sensibilisieren. Die Dunkelziffer an nicht diagnostizierten Infektionen ist sehr hoch. Es gibt jedoch auch gute Nachrichten bei Hepatitis B und C. Seit letztem Jahr können sich alle Menschen ab 35 Jahren im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung (frühere Bezeichnung: „Check-up 35“) einmalig auf Hepatitis B und C testen lassen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss am 20. November letzten Jahres beschlossen“, ergänzt Prof. Dr. Ingolf Schiefke, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und Endokrinologie.
Erfolgreiche Präventionsmaßnahme bei Schwangeren und Neugeborenen
In der Klinik werden laut Schiefke 30 bis 40 Patienten jährlich wegen Hepatitis behandelt. Hier handelt es sich um schwere Fälle bis hin zum Leberversagen, die stationär versorgt werden müssen. In ambulanten Strukturen im Raum Leipzig werden weit über 2000 Patienten wegen Hepatitis behandelt. Es müssten laut Statistik jedoch deutlich mehr sein. Eine bedeutende Präventionsmaßnahme für Neuinfektionen, die im Klinikum seit mehreren Jahren erfolgreich angewendet wird, ist die Therapie der Hepatitis B bei Schwangeren und die Impfung von Neugeborenen um die nächste Generation von Kindern konsequent vor chronischer Hepatitis B und Leberkrebs als Spätfolge zu bewahren. Diese Maßnahme wird weltweit nur in knapp der Hälfte der Länder angewandt und steht im internationalen Fokus der Initiative „NOhep Moms“.
Bei Risikofaktoren testen lassen
Das Klinikum arbeitet eng mit der Deutsche Leberhilfe e.V. zusammen und warnt, dass viele Hepatitis-Infektionen lange Jahre unbemerkt bleiben. Oft gibt es keine oder nur unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Gelenkbeschwerden. Ein typisches Symptom ist beispielsweise eine Gelbfärbung der Haut bzw. der Augen, das aber nicht jeder Mensch mit Hepatitis entwickelt. Auch erhöhte Leberwerte können ein erster Hinweis auf eine Hepatitis sein, aber nicht jeder Hepatitis-Kranke hat auffällige Leberwerte. Auf der Webseite www.lebertest.de/ können Interessierte anonym herausfinden, ob es bei ihnen Risikofaktoren für eine Hepatitis-Infektion gibt.
Experte beantwortet wichtigste Fragen im Video
In einem kurzen Video beantwortet Prof. Schiefke die wichtigsten und aktuellsten Fragen rund um das Thema Hepatitis.
Video zum Welt-Hepatitis-Tag
Wann: 28. Juli, ab 10 Uhr
Wo: YouTube: www.youtube.com/c/sanktgeorgleipzig
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Hintergrund
Laut neuen Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts ist die häufigste Infektion in Deutschland auf das Hepatitis E-Virus zurückzuführen. Hauptinfektionsquelle sind rohes Fleisch vom Haus- und Wildschwein. Deshalb rät der Experte dazu, das Fleisch ordentlich durchzugaren, da das Virus bei 60 Grad Celsius abgetötet wird. Auch mit Fäkalien gedüngte Erdbeeren oder Salate können Ursache für eine Hepatitis E Infektion sein. Durch gründliches Waschen der Lebensmittel kann einer Infektion vorgebeugt werden. Das Hepatitis A-Virus wird oft in Mittelmeerländern gefunden und durch verunreinigtes Trinkwasser oder Schmierinfektion übertragen. Das A-Virus kann durch Körperflüssigkeiten übertragen werden, ebenso wie das B-Virus, dessen Hauptübertragungswege Geschlechtsverkehr und Drogenkonsum mit verunreinigten Spritzen und Zubehör sind. Während Hepatitis A meist unbemerkt als Reisekrankheit verläuft, nicht chronisch wird und meist von selbst ausheilt, kann das Hepatitis B Virus zur chronischen Leberentzündung führen.
Zurzeit werden verschiedene neue Arzneimittel in Studien untersucht, von denen man sich erhofft, durch künftige Therapien häufiger einen Zustand wie nach einer Spontanheilung zu erreichen, bei der das Hepatitis B-Virus dauerhaft aus dem Blut verschwindet und nur noch Antikörper als Immunreaktion zurück bleiben. Das B-Virus aus den Leberzellen zu eliminieren ist derzeit noch nicht möglich. Nur eine Impfung schützt vor der Infektion, meist in Kombination gegen das A-Virus. Der Impfstoff ist gut verfügbar und kann ohne Pflicht beim Hausarzt geimpft werden. Bestimmten Berufsgruppen wird empfohlen, eine Hepatitis B Immunisierung durchzuführen. Die WHO hat sich zum Ziel gesetzt bis 2030, Hepatitis B als Bedrohung der Öffentlichkeit zu eliminieren. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Präventions- und Kontrollprogramme weiter ausgebaut werden. Im Gegensatz zu Hepatitis B ist Hepatitis C heilbar. Frühere Therapien mit Interferonen (Proteine die eine immunstimulierende und antivirale Wirkung entfalten) hatten noch viele Nebenwirkungen, waren langwierig und führten nur bei einigen Patienten zur Heilung. Neue Therapien erfolgen in Form von Tabletten. Diese sind für Patienten besser verträglich. Sie dauern in der Regel nur acht bis zwölf Wochen und heilen Hepatitis C schon beim ersten Versuch in mehr als 95 % der Fälle dauerhaft aus.